Zusammenfassung:
Bei einem Leerverkauf wird ein Vermögenswert mit dem Ziel verkauft, ihn später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen.
In der Regel erfolgen Leerverkäufe mithilfe geliehener Mittel, wodurch Margin-Anforderungen und Zinszahlungen anfallen.
Leerverkäufe werden häufig von Tradern und Anlegern getätigt, die am Markt spekulieren oder potenzielle Verluste bei anderen Anlagen ausgleichen wollen.
Zu den Nachteilen von Leerverkäufen gehören das Risiko hoher Verluste bei starken Kursanstiegen bis hin zur vollständigen Liquidation, die Gefahr von Short Squeezes und zusätzliche Kosten wie Leihgebühren.
Einführung
Die Finanzmärkte bieten viele Möglichkeiten, Gewinne zu erzielen. Einige Trader vertrauen dabei auf technische Analysen, während andere fundamentale Bewertungen durchführen, bevor sie in Unternehmen oder Projekte investieren.
In der Regel versuchen Trader, Vermögenswerte zu einem niedrigen Preis zu kaufen, um sie später teurer verkaufen. Doch was ist in einem langanhaltenden Bärenmarkt, in dem die Kurse über längere Zeiträume hinweg nachgeben?
Durch Leerverkäufe (auf Englisch: Short Selling) können Trader von fallenden Kursen profitieren. Short-Positionen dienen dabei auch der gezielten Risikosteuerung und können als Absicherung gegen Verluste bei anderen Anlagen eingesetzt werden.
Leerverkäufe, die ihren Ursprung im niederländischen Aktienmarkt des 17. Jahrhunderts haben, rückten vor allem durch Ereignisse wie die Finanzkrise von 2008 und den Short Squeeze bei GameStop im Jahr 2021 in den Fokus der Öffentlichkeit. Bei letzterem trieben Kleinanleger die Kurse gezielt in die Höhe, um Leerverkäufer unter Druck zu setzen.
Was ist ein Leerverkauf?
Leerverkauf bezeichnet den Verkauf eines Vermögenswerts mit dem Ziel, ihn später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen. Ein Trader, der eine Short-Position eingeht, erwartet, dass der Preis des entsprechenden Vermögenswerts fällt.
In einem Bärenmarkt können Trader Short-Strategien wählen, um von fallenden Kursen zu profitieren. Short Selling kann zudem eine effektive Methode sein, um Kapital während eines Abwärtstrends zu erhalten oder zu schützen.
Leerverkäufe sind an praktisch allen Finanzmärkten üblich, darunter Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Kryptomärkten. Short-Strategien werden von Kleinanlegern genauso genutzt wie von professionellen Trading-Firmen wie Hedgefonds.
Das Gegenstück zur Short-Position ist eine Long-Position, bei der der Trader einen Vermögenswert mit der Absicht kauft, ihn später zu einem höheren Preis zu verkaufen.
Leerverkäufe werden in der Regel zu zwei Hauptzwecken eingesetzt:
Zur Spekulation: Um von erwarteten Kursrückgängen zu profitieren.
Zur Absicherung (Hedging): Um potenzielle Verluste bei anderen Positionen auszugleichen – etwa bei einer Long-Position im gleichen oder einem ähnlichen Vermögenswert.
Short-Strategien werden am häufigsten bei Aktien eingesetzt, lassen sich jedoch auch auf andere Anlageklassen wie Kryptowährungen, Anleihen oder Rohstoffe anwenden.
So funktioniert Short Selling
Stell dir vor, du rechnest mit einem Kursrückgang bei einem bestimmten Vermögenswert. Du leihst ihn dir, hinterlegst die erforderlichen Sicherheiten (Collateral) und verkaufst ihn sofort. Damit bist du eine Short-Position eingegangen. Sinkt der Kurs wie erwartet, kaufst du den Vermögenswert zu einem niedrigeren Preis zurück und übergibst ihn samt Zinsen wieder an den Verleiher. Dein Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem ursprünglichen Verkaufspreis und dem niedrigeren Rückkaufpreis abzüglich Zinsen und etwaiger Gebühren.
Beispiele
Bitcoin-Leerverkauf
Du leihst dir 1 BTC und verkaufst ihn für 100.000 USD. Damit hast du eine Short-Position auf Bitcoin eröffnet, für die Zinsen anfallen. Fällt der Bitcoin-Kurs auf 95.000 USD, kaufst du 1 BTC zurück und begleichst deine Schuld beim Kreditgeber (in der Regel ist dies die Kryptobörse). Dein Gewinn beträgt in diesem Fall 5.000 USD – abzüglich Zinsen und Gebühren. Steigt der Kurs hingegen auf 105.000 USD, verzeichnest du einen Verlust von 5.000 USD zuzüglich der angefallenen Gebühren und Zinsen.
Aktien-Leerverkauf
Ein Anleger geht davon aus, dass der Kurs der Aktie der XYZ AG, die aktuell bei 50 USD notiert, fallen wird. Er leiht sich 100 Aktien und verkauft sie sofort für insgesamt 5.000 USD. Sinkt der Kurs auf 40 USD, kauft er die 100 Aktien für 4.000 USD zurück, liefert sie wieder an den Verleiher aus und erzielt einen Gewinn vor Gebühren und Zinsen von 1.000 USD. Steigt der Kurs hingegen auf 60 USD, muss er 6.000 USD für den Rückkauf zahlen und erleidet somit einen Verlust von 1.000 USD zuzüglich Leihgebühren und Finanzierungskosten.
Formen des Leerverkaufs
Es gibt zwei Hauptformen des Leerverkaufs:
Gedeckter Leerverkauf: Hier leiht sich der Trader die Aktien tatsächlich, bevor er sie verkauft. Dies ist die gängige Praxis.
Ungedeckter oder nackter Leerverkauf: Der Leerverkäufer besitzt die verkauften Aktien zum Verkaufszeitpunkt nicht. Diese Vorgehensweise ist riskant und an vielen Märkten nur eingeschränkt möglich oder sogar verboten, da sie zu Marktmanipulationen führen kann.
Voraussetzungen für Leerverkäufe
Da beim Leerverkauf Kapital geliehen wird, müssen Trader in der Regel Sicherheiten auf einem Margin- oder Futures-Konto hinterlegen. Wer über einen Broker oder eine Börse Short-Positionen eingeht, sollte die damit verbundenen Anforderungen und Risiken kennen:
Initial Margin: Am Aktienmarkt beträgt die anfängliche Sicherheitsleistung in der Regel 50 % des Werts der leerverkauften Aktie. Am Kryptomarkt hängt die Höhe der Initial Margin vom jeweiligen Anbieter und dem verwendeten Hebel ab. Zum Beispiel könnte eine Position im Wert von 1.000 USD mit einem 5-fachen Hebel ein Collateral von 200 USD erfordern.
Maintenance Margin: Die Maintenance Margin ist der Mindestbetrag, den ein Anleger auf seinem Margin-Konto halten muss, um eine bestehende Position weiterhin offenhalten zu dürfen. Er dient dazu, potenzielle Verluste zu decken. Die Maintenance Margin wird meist anhand des Margin-Levels berechnet.
Liquidationsrisiko: Sinkt das Margin-Level zu stark, kann der Broker oder die Börse einen Margin-Call auslösen. Werden keine weiteren Mittel in das Margin-Konto eingezahlt, werden Positionen zwangsweise liquidiert, was zu hohen Verlusten führen kann.
Vorteile von Leerverkäufen
Leerverkäufe bieten mehrere Vorteile:
Gewinn bei fallenden Kursen: Trader können von sinkenden Preisen profitieren, im Gegensatz zu herkömmlichen Long-Strategien, die nur bei steigenden Kursen Gewinne generieren.
Hedging: Trader können durch Leerverkäufe Verluste bei Long-Positionen ausgleichen und so ihre Portfolios schützen.
Preisbildung: Ein Argument für Leerverkäufe ist, dass sie dazu beitragen, die Preise überbewerteter Aktien auf ein realistisches Niveau zu korrigieren, da Leerverkäufer schnell auf neue Informationen reagieren. Leerverkäufe tragen daher zur Effizienz des Markts bei.
Liquidität: Leerverkäufe erhöhen die Handelsaktivität, wodurch Käufer und Verkäufer Trades schneller ausführen können.
Risiken von Leerverkäufen
Leerverkäufe sind mit verschiedenen Risiken verbunden, die sorgfältig bedacht werden sollten. Besonders problematisch ist das theoretisch unbegrenzte Verlustpotenzial.
Zahlreiche professionelle Trader sind bereits in Konkurs gegangen, weil sie auf fallende Kurse gesetzt hatten. Wenn der Aktienkurs plötzlich stark anzieht, kann es zu einem sogenannten Short Squeeze kommen – eine Situation, in der viele Leerverkäufer hastig Aktien zurückkaufen, was den Kurs weiter nach oben treibt.
Weitere mögliche Nachteile von Short Selling sind:
Kreditaufnahmekosten: Die Gebühren und Zinsen können stark variieren. Insbesondere stark nachgefragte Aktien können hohe Kosten verursachen.
Dividendenzahlungen: Bei Aktien sind Leerverkäufer verpflichtet, dem Wertpapierverleiher etwaige Dividendenzahlungen zu erstatten, die während der Leihdauer geleistet werden, was die Gesamtkosten der Position erhöht.
Regulatorische Risiken: Vorübergehende Short-Selling-Verbote oder -Einschränkungen in Krisenzeiten können Leerverkäufer dazu zwingen, Positionen zu ungünstigen Preisen zu schließen.
Kritik und Regulierung
Leerverkäufe sind umstritten. Kritiker argumentieren, dass sie Marktrückgänge verstärken oder Unternehmen unangemessen unter Druck setzen können, was negative Folgen für Mitarbeiter und andere Anspruchsgruppen haben könnte. Während der Finanzkrise 2008 führten aggressive Leerverkäufe in mehreren Ländern zu zeitweiligen Verboten. Befürworter weisen hingegen darauf hin, dass Short Selling die Markttransparenz erhöht, weil Leerverkäufer gezielt nach überbewerteten Aktien oder betrügerischen Praktiken in Unternehmen suchen.
Regulierungsbehörden versuchen, die potenziellen Nachteile von Leerverkäufen durch verschiedene Vorschriften einzudämmen – etwa durch die Uptick Rule, die Leerverkäufe bei schnellen Kursrückgängen einschränkt, oder durch Meldepflichten für größere Short-Positionen. In den USA werden Leerverkäufe durch die sogenannte Regulation SHO der Börsenaufsichtsbehörde SEC geregelt, um insbesondere ungedeckte Leerverkäufe und andere Formen der Marktmanipulation zu verhindern.
Fazit
Leerverkäufe sind eine weitverbreitete Handelspraxis an den Finanzmärkten, um von fallenden Kursen zu profitieren. Sie werden häufig zu Spekulations- oder Absicherungszwecken sowohl an den traditionellen Finanzmärkten als auch an den Kryptomärkten eingesetzt. Sie sind jedoch auch mit erheblichen Risiken und Nachteilen verbunden, die berücksichtigt werden sollten, darunter dem Potenzial für unbegrenzte Verluste, Short Squeezes und hohen Transaktionskosten.
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