Die Psychologie der Marktzyklen
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Die Psychologie der Marktzyklen

Die Psychologie der Marktzyklen

Anfänger
Veröffentlicht Oct 14, 2019Aktualisiert Jan 28, 2025
8m

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Zusammenfassung:

  • Emotionen wie Gier, Angst und Panik, die in neurologischen Prozessen entstehen, wirken sich auf die Marktstimmung aus und können Auf- und Abwärtstrends verstärken. 

  • Psychologische Faktoren wie FOMO, Verlustaversion und kognitive Dissonanz führen oft dazu, dass Trader und Anleger unüberlegte Entscheidungen treffen. 

  • Emotionsgetriebener Handel wird durch Social-Media-Plattformen verstärkt und kollektives Verhalten, Herdenverhalten und spekulativer Handel können durch Spiegelneuronen erklärt werden.

Einführung

Warren Buffett sagte einmal: „Die Börse transferiert Geld von den Ungeduldigen zu Geduldigen.“ Diese Aussage bringt zum Ausdruck, wie sehr Emotionen und Psychologie das Marktverhalten beeinflussen. Die Marktpsychologie ist ein wichtiger Zweig der Verhaltensökonomie, der sich damit beschäftigt, wie sich die kollektiven Emotionen der Marktteilnehmer auf die Finanzmärkte auswirken. Doch welche Rolle spielen dabei neurobiologische Prozesse? 

Die Neurowissenschaft zeigt uns, dass unser Gehirn nicht so rational funktioniert, wie wir gerne glauben würden, vor allem wenn es um Geld geht. Emotionen, kognitive Verzerrungen und psychologische Prozesse beeinflussen unsere finanziellen Entscheidungen oft in einer Weise, die uns vielleicht gar nicht bewusst ist. 

Die Amygdala zum Beispiel ist der Teil des Gehirns, der Angst erzeugt und Kampf- oder Fluchtreaktionen auslöst. Sie kann uns zu impulsiven Entscheidungen verleiten, z. B. während eines Marktabschwungs. Und der ventromediale präfrontale Kortex, der Chancen bewertet, kann während eines Bullenmarktes übermäßiges Selbstvertrauen erzeugen. 

Diese Mechanismen des Gehirns sind zwar überlebenswichtig, führen aber oft dazu, dass wir beim Traden und Anlegen eher instinktiv als rational handeln.

Wie psychologische Faktoren die Marktzyklen beeinflussen

Aufwärtstrend

Während eines Bullenmarktes sind die Marktteilnehmer optimistisch. Steigende Preise sorgen für Aufregung und Freude. Die Neurobiologie lehrt uns, dass jetzt das Belohnungssystem des Gehirns aktiviert ist und der Neurotransmitter Dopamin freisetzt wird. 

Emotionale Faktoren wie FOMO (Angst, etwas zu verpassen) haben zusätzlich eine verstärkende Wirkung. FOMO entsteht durch die sozialen Belohnungssysteme im Gehirn. Wir sind biologisch darauf programmiert, Zugehörigkeit zu suchen und keine Chancen zu verpassen. FOMO wird durch Social-Media-Plattformen wie X und Reddit häufig noch verstärkt, wo Geschichten über riesige Gewinne kursieren und Nutzer zum Kauf von Kryptowährungen ermutigt werden, auch wenn sie die damit verbundenen Risiken nicht vollständig verstehen.

Dogecoin, Shiba Inu und zuletzt die Meme-Coins TRUMP und MELANIA sind Paradebeispiele. Der Wert von Meme-Coins wird in erster Linie durch spekulative Hypes und virale Trends bestimmt, da sie typischerweise keinen inneren Wert haben. Trader lassen sich oft von der Euphorie mitreißen und ignorieren die Warnzeichen einer Überbewertung oder eines nicht nachhaltigen Wachstums.

Wenn mehrere neurobiologische Prozesse zusammenwirken, kann ein ungebremster Optimismus unter Tradern entstehen, der zu Finanzblasen führen kann, bei denen die Preise den wahren Wert eines Vermögenswerts weit übersteigen. Platzt die Blase, setzt ein Abwärtstrend ein, der oft eine Reihe von negativen Emotionen auslöst.

Abwärtstrend

Wenn der Markt umschlägt, wechseln die Emotionen von Optimismus zu Verleugnung und Angst. Die Amygdala im Gehirn, in der Angst entsteht, übernimmt die Kontrolle und löst instinktive Reaktionen wie Panikverkäufe aus. Neurologisch gesehen wird diese Angst durch Verlustaversion verstärkt, d. h. die Tendenz, Verluste als schmerzhafter zu empfinden als Gewinne in gleicher Höhe.

Fallen die Preise weiter, schlägt die Angst in Panik um und führt zur Kapitulation, d. h. einem Punkt, an dem die Anleger ihre Bestände massenhaft und oft mit erheblichen Verlusten verkaufen. Dieses Verhalten ist besonders in Bärenmärkten zu beobachten. Die starken Korrekturen von Bitcoin im Marktzyklus 2022 sind Beispiele dafür.

Nachdem der Pessimismus seinen Höhepunkt erreicht hat, stabilisiert sich der Markt und die Preise beginnen sich seitwärts zu bewegen. In dieser Phase steigen die ersten Anleger vorsichtig, mit neuer Hoffnung wieder in den Markt ein.

Neurobiologie liefert Erklärungen für irrationale Anlageentscheidungen

Für die Entstehung von Emotionen, die unser Handelsverhalten beeinflussen, sind eine Reihe komplexer neurologischer Prozesse verantwortlich. Ein solcher Prozess ist der Belohnungsmechanismus, der auf verschiedenen Neurotransmittern und Gehirnstrukturen basiert.

Der wichtigste Neurotransmitter, der bei Anerkennung und Freude freigesetzt wird, ist Dopamin. Wenn du die Aussicht auf eine Belohnung hast, reagiert dein Gehirn mit einer erhöhten Dopaminausschüttung. Dies ist typischerweise während eines Bullenmarktes der Fall, wenn die dopaminergen Bahnen im Gehirn durch die Erwartung finanzieller Gewinne aktiviert werden. Darüber hinaus setzt eine Rückkopplung ein, die dazu motiviert, die Dinge zu wiederholen, die zur Dopaminausschüttung geführt haben. 

Dopaminerge Bahnen – Marktpsychologie

Dopamin wird hauptsächlich in der Substantia nigra und im ventralen tegmentalen Areal produziert. Wie oben dargestellt, gibt es mehrere Wege, über die Dopamin in verschiedene Regionen des Gehirns gelangt.

Der Weg, der für die Marktpsychologie am bedeutendsten ist, ist die mesolimbische Bahn. Die mesolimbische Bahn verbindet den ventralen tegmentalen Bereich mit dem limbischen System, zu dem auch die Amygdala gehört. Die Bahn ist von grundlegender Bedeutung für die Wahrnehmung von Freude und Anerkennung. In Erwartung eines finanziellen Gewinns wird dort Dopamin ausgeschüttet, was ein Gefühl der Motivation und Zufriedenheit erzeugt.

Die Amygdala ist die Gehirnstruktur, die primär für die Verarbeitung von Emotionen wie Furcht und Angst zuständig ist. Genauso wie die dopaminergen Bahnen während Bullenmärkten von Bedeutung sind, ist es die Amygdala während Bärenmärkten. Die typische Kampf-oder-Flucht-Reaktion ist ein Überlebensmechanismus, der zu impulsiven Analgeentscheidungen führen kann, die oft Verluste zur Folge haben.

Amygdala – Reaktion auf Abwärtstrends

Während Furcht und Angst, die in der Amygdala erzeugt werden, Entscheidungsprozesse verzerren und zu impulsiven Entscheidungen wie Panikverkäufen führen können, ist die kognitive Dissonanz häufig ein Grund, warum Anleger in der Hoffnung auf eine Markterholung an Vermögenswerten festhalten. 

Eine kognitive Dissonanz tritt auf, wenn die Überzeugungen, die Trader bezüglich des Marktes haben, im Widerspruch zur Realität stehen. Bei einer kognitiven Dissonanz sind vor allem der präfrontale Kortex, der für die höheren kognitiven Funktionen zuständig ist, und das limbische System, zu dem wiederum die Amygdala und der Hippocampus gehören, beteiligt.

Eine weitere interessante neurobiologische Komponente, durch die sich emotionsgetriebener Handel erklären lässt, sind die Spiegelneuronen. Diese befinden sich in verschiedenen Bereichen des Gehirns, unter anderem im prämotorischen Kortex, im supplementär-motorischen Areal, im Scheitellappen und im inferioren Scheitellappen. Spiegelneuronen werden aktiviert, wenn eine Person eine Handlung ausführt und wenn sie eine ähnliche Handlung bei einer anderen Person beobachtet.

Spiegelneuronen beeinflussen das Marktverhalten

Dank Spiegelneuronen sind wir in der Lage, die Emotionen und Handlungen anderer mitzuerleben. Sie machen Menschen zu empathischen und sozialen Wesen. Wenn ein Trader die Erfolge anderer Trader mitbekommt, können Spiegelneuronen aktiviert werden, was ihn dazu verleiten kann, es ebenfalls zu versuchen. Spiegelneuronen spielen daher möglicherweise eine wichtige Rolle beim Herdenverhalten.

Beispiel: TRUMP-Meme-Coin

1. Schneller Preisanstieg und dopaminerge Bahnen

Es ist gut möglich, dass der enorme Kursanstieg des TRUMP-Meme-Coins kurz nach seiner Markteinführung unter anderem durch das Belohnungssystem in den Gehirnen der Krypto-Trader erklärt werden kann. Faktoren wie die enge Verbindung zu Donald Trump, einer bekannten und wohlhabenden Persönlichkeit, sowie die hohe Medienaufmerksamkeit dürften zum anfänglichen Höhenflug der Kryptowährung beigetragen haben.

FOMO, also die Angst, potenzielle Gewinne zu verpassen, kann ebenfalls ein Grund gewesen sein. Die anfänglich starken Kursanstiege aktivierten wahrscheinlich die dopaminergen Bahnen der Trader. In Erwartung finanzieller Gewinne wurde Dopamin ausgeschüttet und eine Rückkopplungsschleife aus Euphorie und Spekulation ausgelöst. Diese Phase wird gemeinhin auch als Euphoriephase bezeichnet, in der Optimismus und Begeisterung einen Kursanstieg bewirken.

2. Herdenverhalten und Spiegelneuronen

Wie bereits erwähnt, können Spiegelneuronen eine wichtige Rolle beim Herdenverhalten und damit auch in Bezug auf die Marktpsychologie spielen. Eine mögliche Erklärung für den explosionsartigen Preisanstieg des Meme-Coins könnte mit diesen Neuronen zusammenhängen. Bei Anlageentscheidungen können Trader von Emotionen und dem wahrgenommenen Erfolg anderer beeinflusst werden und sich eher von kollektiven Gefühlen als von rationalen, unabhängigen Analysen leiten lassen. Im Fall des TRUMP-Meme-Coins könnten folgende Faktoren eine Rolle gespielt haben:

  • Meme-Kultur: Memes und Social-Media-Aktivitäten sorgten für viel Aufmerksamkeit und bewegten andere dazu, ebenfalls zu investieren. Spiegelneuronen könnten positive Emotionen bei Tradern und Anlegern verstärkt haben. 

  • Politisches Engagement und große Anhängerschaft: Trumps politische Unterstützer und seine Fangemeinde erhöhten die Sichtbarkeit und Akzeptanz des Coins weiter. Entsprechende soziale Interaktionen schaffen schnell eine positive Marktstimmung

Dies zeigt, wie Herdenverhalten durch Spiegelneuronen ausgelöst und durch soziale Einflüsse wie Meme-Kultur und Fan-Engagement verstärkt werden kann.

3. Volatilität, Panikverkäufe und die Amygdala

Wie die meisten Meme-Coins verzeichnete TRUMP nach dem anfänglichen Höhenflug hohe Volatilität und starke Kursverluste. In dieser Phase verspüren Trader häufig negative Emotionen wie Verleugnung, Angst und Verunsicherung. 

Kognitive Dissonanz ist häufig der Grund, warum Trader trotz eines Kurseinbruchs an ihren Coins festhalten. Sie hoffen auf eine schnelle Erholung oder wollen ein bestimmtes Preisziel erreichen. Der Widerspruch zwischen Realität und persönlicher Überzeugung kann zu irrationalen Entscheidungen und finanziellen Verlusten führen.

In dieser Situation kann die Amygdala, die bekanntlich für Kampf-oder-Flucht-Reaktionen verantwortlich ist, die Ängste des Traders verstärken und damit Panikverkäufe auslösen. Die Ankündigung des neuen Meme-Coins MELANIA dürfte zu einer Verstärkung dieser emotionalen Reaktionen beigetragen haben. Dieses Beispiel zeigt, wie stark externe Faktoren das Verhalten einzelner Anleger und des Marktes beeinflussen können.

Fazit

Das Verständnis der Marktpsychologie ist für Trader und Anleger wichtig, um Markttrends besser einschätzen zu können. Du kannst zum Beispiel versuchen, Phasen zu erkennen, in denen starker Optimismus oder Pessimismus vorherrscht, und analysieren, wie kollektive Emotionen die Kursentwicklung beeinflussen.

Überreaktionen an den Börsen lassen sich durch neurobiologische Prozesse und Faktoren erklären, darunter die dopaminergen Bahnen, die Amygdala und die Spiegelneuronen. Das Wissen um neurobiologische Prozesse kann dir helfen, kognitive Verzerrungen, FOMO, Panikverkäufe und kognitive Dissonanzen zu vermeiden.

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