Stablecoin-Depegs – wenn Stablecoins ihre Preisbindung verlieren
Startseite
Artikel
Stablecoin-Depegs – wenn Stablecoins ihre Preisbindung verlieren

Stablecoin-Depegs – wenn Stablecoins ihre Preisbindung verlieren

Mittel
Veröffentlicht Oct 26, 2023Aktualisiert Jun 28, 2024
6m


TL;DR

  • Stablecoins verwenden Preisbindungsmechanismen, die einen stabilen Preis sicherstellen sollen.

  • Stablecoins sind entweder besichert (d. h. durch Fiatwährungen, Kryptowährungen oder Rohstoffe gedeckt) oder unbesichert (d. h. ihr Preis wird durch Algorithmen gesteuert).

  • Die Depegs des UST im Jahr 2022 sowie von USDC/DAI und USDR im Jahr 2023 zeigen die Schwächen der Preisbindungsmechanismen und die Komplexität der Aufrechterhaltung der Preisbindung.

Was ist ein „Stablecoin-Peg“?

Ein Stablecoin ist eine Art von Kryptowährung, die so konzipiert ist, dass ihr Wert im Laufe der Zeit relativ stabil bleibt. Während gewöhnliche Kryptowährungen in der Regel volatil sind, wurden Stablecoins speziell als Absicherung gegen Preisschwankungen geschaffen.

Stablecoins erreichen Preisstabilität durch ihre Preisbindung. Dieser sogenannte „Peg“ dient als Anker für die Wertbeständigkeit. So wie Länder den Wert ihrer Währung an den Wert einer anderen Landeswährung koppeln können, um Wertstabilität zu gewährleisten, geschieht bei Stablecoins etwas Ähnliches. Viele Stablecoins wie USDT und DAI zielen darauf ab, den Wert des USD abzubilden.

Was ist ein „Stablecoin-Depeg“?

Wird ein Stablecoin nicht mehr zu seinem Zielwert gehandelt, spricht man von einem „Depeg“. Die Nachfrage nach Stablecoins ist in den letzten Jahren stark gestiegen, und das tägliche Handelsvolumen beläuft sich derzeit auf mehrere Milliarden USD. 

Daher kann eine solche Entkoppelung vom Zielpreis weitreichende Folgen haben. In diesem Artikel befassen wir uns mit einigen der bekanntesten Depegs. Zuvor wollen wir jedoch einen Blick auf die Mechanismen werfen, die die Preisbindung von Stablecoins sicherstellen sollen.

Wie wird die Preisbindung von Stablecoins erreicht?

Stablecoins fallen in der Regel in zwei Kategorien – besicherte und unbesicherte.

1. Besicherte Stablecoins

Bei den meisten heute verfügbaren Stablecoins handelt es sich um besicherte Stablecoins, deren Wert durch andere Vermögenswerte geschützt ist. Sie sind durch Fiatwährungen, andere Kryptowährungen oder Rohstoffe wie Gold gedeckt. Für jeden ausgegebenen Stablecoin muss ein entsprechender Vermögenswert in Reserve gehalten werden.

Es gibt verschiedene Arten besicherter Stablecoins:

  • Fiatbesicherte Stablecoins: Jeder im Umlauf befindliche Token ist durch eine Fiatwährung wie den USD gedeckt. Für jeden ausgegebenen Stablecoin muss ein entsprechender Fiat-Betrag als Reserve gebildet werden. FDUSD und USDT sind Beispiele für fiatbesicherte Stablecoins.

  • Kryptobesicherte Stablecoins: Diese Stablecoins sind durch einen Kryptowert oder einen Korb von Kryptowährungen überbesichert. Dies bedeutet, dass der Wert der als Sicherheiten gehaltenen Kryptowährungen den Wert der ausgegebenen Stablecoins übersteigt, was einen Puffer gegen mögliche Kursschwankungen bietet. DAI und crvUSD sind Beispiele für kryptobesicherte Stablecoins.

  • Rohstoffbesicherte Stablecoins: Diese Stablecoins sind an den Preis von Rohstoffen wie Gold gekoppelt. Sie bieten eine potenzielle Absicherung gegen Inflation und ermöglichen Engagements in den zugrundeliegenden Vemögenswert. Pax Gold (PAXG) ist ein Beispiel für einen rohstoffbesicherten Stablecoin, der durch Gold gedeckt ist.

Achtung: Stablecoin-Projekte machen zwar in der Regel Angaben zu ihren Reserven und Preisbindungsmechanismen, aber diese Informationen sind längst nicht immer überprüfbar und genau. Daher ist Vorsicht geboten. Die Besicherung muss nicht so hoch sein, wie behauptet wird.

2. Unbesicherte Stablecoins

Unbesicherte Stablecoins, die auch als algorithmische Stablecoins bekannt sind, verwenden Algorithmen und Smart Contracts, um ihr Angebot basierend auf der Marktnachfrage automatisch zu steuern und so sicherzustellen, dass ihr Preis nahe am Zielwert liegt.

Fällt der Preis unter den Wert der nachverfolgten Fiatwährung, reduziert der Algorithmus die Umlaufmenge, was einen Aufwärtsdruck auf den Coin-Kurs erzeugt. Steigt der Preis hingegen über den Wert der Fiatwährung, werden neue Tokens ausgegeben, um den Preis wieder zu senken. TerraUSD (UST) war ein algorithmischer Stablecoin.

Was sind nun aber die Gründe dafür, das Stablecoins ihre Preisbindung verlieren und unter dem Marktwert gehandelt werden? Schauen wir uns ein paar Beispiele an.

Beispiele von Stablecoin-Depegs

Nachfolgend gehen wir auf einige der bekanntesten Stablecoin-Depegs ein.

Mai 2022 – UST

Im Mai 2022 erlebte die Kryptobranche ein historisches Ereignis, als der UST-Stablecoin von Terra seine Preisbindung verlor. Zuvor war der native Token von Terra, LUNA, mit einer Marktkapitalisierung von 40 Milliarden USD der achtgrößte Coin weltweit gewesen. Der Wegfall der Preisbindung machte sowohl UST als auch LUNA praktisch wertlos und löste eine Kettenreaktion aus, bei der zahlreiche mit Terra verbundene Kryptoprojekte und Unternehmen hohe Verluste hinnehmen mussten. Während dieser volatilen Phase entkoppelten sich auch andere Stablecoins wie USDD von Tron und USN von Near Protocol vorübergehend von ihrem Zielpreis, bevor die Kursparität wieder erreicht wurde. 

März 2023 – USDC und DAI

Im März 2023 kam es infolge der Pleiten der drei US-Banken Silicon Valley Bank, Signature Bank und Silvergate Bank zu einem Depeg bei zwei der größten Stablecoins, nämlich USDC und DAI. Circle, der Anbieter und Emittent von USDC, gab bekannt, dass 3,3 Milliarden USD der Cash-Reserven, die der Besicherung des Stablecoins dienten, bei der Silicon Valley Bank lagen. Daraufhin brach der Kurs an einem einzigen Tag um über 12  % ein und USDC verlor zwischenzeitlich seine USD-Anbindung.

Auch DAI verzeichnete Kursschwankungen, vor allem weil zu diesem Zeitpunkt über die Hälfte der DAI-Reserven an USDC und mit dem Coin verbundene Instrumente gekoppelt waren. Die Situation stabilisierte sich erst, als die US-Notenbank ihre Unterstützung für die Gläubiger der Finanzinstitute verkündete, sodass sich die Preisbindung von USDC und DAI an den USD wieder einstellte. 

Nach dem Vorfall nahmen beide Stablecoins Anpassungen in der Zusammensetzung ihrer Reserven vor. USDC verwahrt die Fiat-Reserven seitdem hauptsächlich bei der Bank of New York Mellon, während DAI die Reserven auf mehrere Stablecoins aufteilte und die Bestände an realen Vermögenswerten erhöhte.

Oktober 2023 – USDR

Real USD (USDR) ist ein an den USD gekoppelter Stablecoin, der im Jahr 2022 von Tangible (nativer Token: TNGBL) eingeführt wurde. Eine Kombination aus tokenisierten Immobilienwerten und DAI-Coins als Sicherheiten soll die Anbindung an den USD gewährleisten. 

Darüber hinaus verfügt USDR über einen automatischen Besicherungsmechanismus, der dafür sorgt, dass die Hälfte der Mieteinnahmen direkt an das USDR-Treasury fließt, und so sicherstellen soll, dass die Preisbindung erhalten bleibt. Dennoch kam es am 11. Oktober 2023 zu einer Entkoppelung.

Folgendes war geschehen:

  • Am 11. Oktober verzeichnete USDR eine Flut von Auszahlungsaufträgen für die in DAI gehaltenen Reserven, die sich letztlich auf insgesamt 10 Millionen USDR beliefen.

  • Im Zuge dieser enormen Menge an Auszahlungsaufträgen wurden alle liquiden DAI-Reserven des Stablecoins aus dem USDR-Treasury abgezogen.

  • Da es sich bei den verbleibenden Sicherheiten um illiquide tokenisierte Immobilienwerte handelte, konnte das Team von Tangible den restlichen Auszahlungsaufträgen nicht sofort nachkommen.

  • Der plötzliche Liquiditätsengpass führte zu FUD (Furcht, Ungewissheit und Zweifel) unter den USDR-Inhabern und schließlich zur Entkoppelung vom Zielpreis.

Unabhängigen Analysten und Mitgliedern der USDR-Community zufolge basierten die von USDR als Sicherheiten eingesetzten Immobilienwerte auf dem ERC-721-Tokenstandard, der weniger Flexibilität bietet als der üblicherweise verwendete ERC-20-Standard. Da ERC-721-Tokens nicht einfach fraktioniert werden können, sind zeitnahe Auszahlungen schwierig.

Fazit

In der Welt der volatilen Kryptowährungen bieten Stablecoins für Anleger einen sicheren Hafen. Wie die jüngste Vergangenheit jedoch gezeigt hat, können sie das Versprechen der Preisbindung und Wertstabilität nicht immer erfüllen. Die massiven Kursverluste von UST und USDR machen deutlich, dass sie anfällig für inhärente Konstruktionsfehler sind und erheblichen Drucksituationen mitunter nicht standhalten können. Wie immer an den Finanzmärkten ist es daher wichtig, zuerst eigene Nachforschungen anzustellen, bevor man ein Engagement eingeht.

Weiterführende Lektüre

Haftungsausschluss: Dieser Inhalt wird dir ohne Zusicherung oder Gewährleistung jeglicher Art ausschließlich zu allgemeinen Informations- und Bildungszwecken zur Verfügung gestellt. Er ist weder als finanzielle, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung noch als Empfehlung für den Kauf bestimmter Produkte oder Dienstleistungen zu verstehen. Du solltest dich von einem professionellen Berater beraten lassen. Wenn der Artikel von einer Drittpartei verfasst wurde, beachte bitte, dass die zum Ausdruck gebrachten Ansichten diejenigen der Drittpartei sind und nicht unbedingt die der Binance Academy widerspiegeln. Bitte lies hier unseren vollständigen Haftungsausschluss für weiterführende Informationen. Die Preise von Kryptowerten sind volatil. Der Wert deiner Anlage kann steigen oder fallen. Es kann sein, dass du den investierten Betrag nicht zurückerhältst. Die Verantwortung für deine Anlageentscheidungen liegt allein bei dir. Die Binance Academy haftet nicht für etwaige Verluste, die dir entstehen. Die hier bereitgestellten Informationen stellen keine finanzielle, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar. Weitere Informationen findest du in unseren Nutzungsbedingungen und unserem Risikohinweis.