Das Bitcoin Lightning Network - Ein Leitfaden für Einsteiger
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Das Bitcoin Lightning Network - Ein Leitfaden für Einsteiger

Das Bitcoin Lightning Network - Ein Leitfaden für Einsteiger

Anfänger
Veröffentlicht Nov 28, 2018Aktualisiert May 15, 2024
20m

Wichtigste Punkte:

  • Layer-2-Lösungen wurden entwickelt, um die inhärenten Skalierbarkeitsgrenzen der Blockchain-Technologie zu überwinden.

  • Das Lightning Network ist eine Layer-2-Skalierungslösung, die nicht nur kostengünstige, sondern auch schnelle Transaktionen ermöglicht, da keine Blockbestätigungen abgewartet werden müssen. Es eignet sich daher für Mikrotransaktionen.

  • Das Lightning Network gewährleistet sichere und skalierbare Zahlungen mithilfe von Multisignatur-Adressen und Hash Timelock Contracts (HTLCs).

Einführung

Kryptowährungen haben einige ziemlich einzigartige Eigenschaften. Sie sind fast unmöglich zu hacken oder lahmzulegen und erlauben Werttransfers rund um die Welt, ohne dass ein Intermediär erforderlich ist.

Um diese Eigenschaften zu gewährleisten, sind beträchtliche Kompromisse vonnöten. Die große Anzahl der am Betrieb eines Kryptowährungsnetzwerkes beteiligten Knoten führt dazu, dass der Durchsatz begrenzt ist. So ist die Menge der Transaktionen pro Sekunde (TPS), die ein Blockchain-Netzwerk verarbeiten kann, relativ gering für eine Technologie, die für eine breite Anwendung gedacht ist.

Um die inhärenten Beschränkungen der Blockchain-Technologie zu überwinden und die TPS zu erhöhen, wurde eine Reihe von Skalierbarkeitslösungen vorgeschlagen. In diesem Artikel befassen wir uns mit dem Lightning Network, einer Erweiterung des Bitcoin-Protokolls, die das Skalierbarkeitsproblem beheben soll.

Was ist das Lightning Network?

Das Lightning Network ist ein Netzwerk, das auf einer Blockchain aufbaut und schnelle Peer-to-Peer-Transaktionen ermöglicht. Es ist nicht nur für Bitcoin gedacht – auch andere Krypto-Plattformen haben die Layer-2-Lösung bereits integriert.

Du fragst dich vielleicht, was wir mit „auf einer Blockchain aufbauen“ meinen. Das Lightning Network ist eine sogenannte Off-Chain- oder Layer-2-Lösung. Es ermöglicht Transaktionen, die nicht einzeln auf der Blockchain aufgezeichnet werden.

Das Lightning Network ist vom Bitcoin-Netzwerk getrennt und hat seine eigenen Knoten und seine eigene Software, aber es kommuniziert trotzdem mit der Hauptkette. Um das Netzwerk aufzurufen oder es wieder zu verlassen, müssen spezielle Transaktionen auf der Blockchain ausgeführt werden.

Bei deiner ersten Transaktion wird eine Art von Smart Contract für dich und einen anderen Nutzer erstellt. Wir gehen in Kürze auf die Details ein. Stell dir für den Moment einfach vor, dass der Smart Contract ein privates Ledger für dich und den anderen Nutzer verwaltet. In dieses Ledger könnt ihr eine Vielzahl von Transaktionen schreiben. Aufgrund einiger spezifischer Eigenschaften dieses Systems kann keiner den anderen betrügen, und niemand außer euch kann die Transaktionen sehen.

Das Mini-Ledger wird als Channel (zu Deutsch: Kanal oder Zahlungskanal) bezeichnet. Nehmen wir an, Alice und Bob zahlen jeweils 5 BTC in den Smart Contract ein. In ihrem Channel haben sie dann beide ein Guthaben von 5 BTC. Alice könnte in das Ledger schreiben „Alice zahlt 1 BTC an Bob.“ Bob hätte nun 6 BTC und Alice 4 BTC. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte Bob 2 BTC an Alice senden, wodurch die Guthaben auf 6 BTC (Alice) und 4 BTC (Bob) aktualisiert würden. Die beiden könnten noch viele weitere Transaktionen durchführen.

Sowohl Alice als auch Bob können jederzeit die aktuellen Guthaben des Channels auf der Blockchain veröffentlichen. Die Salden jeder Seite werden dann on-chain aufgezeichnet.

Wie der Name schon sagt, sind Lightning-Transaktionen blitzschnell. Die Nutzer müssen keine Blockbestätigungen abwarten, sondern können Zahlungen so schnell abschließen, wie ihre es Internetverbindung zulässt.

Warum braucht es das Lightning Network?

Bisher scheint das Lightning Network (oder einfach LN) die beste Lösung für die Skalierung der Bitcoin-Blockchain zu sein. In einem so riesigen Ökosystem ist es nicht einfach, Neuerungen einzuführen. Es besteht die Gefahr von Hard Forks und potenziell verheerenden Fehlern. Aufgrund der enormen Guthaben, die auf dem Spiel stehen, ist Experimentieren unglaublich gefährlich.

Führt man Experimente außerhalb der Blockchain durch, ist man viel flexibler. Wenn etwas schief geht, hat das keine Auswirkungen auf das Bitcoin-Netzwerk. Layer-2-Lösungen beeinträchtigen nicht die Sicherheitsmechanismen, die das Hauptprotokoll seit über 15 Jahren am Laufen halten.

Es besteht auch keine Notwendigkeit, von bewährten Methoden abzurücken. On-Chain-Transaktionen funktionieren für den Endnutzer weiterhin wie gewohnt, aber er hat nun zusätzlich die Möglichkeit, Off-Chain-Transaktionen durchzuführen.

Das Lightning Network hat mehrere Vorteile. Im Folgenden gehen wir auf einige der wichtigsten ein. 

Skalierbarkeit

Bitcoin-Blöcke werden etwa alle zehn Minuten erstellt und haben nur Platz für eine bestimmte Anzahl von Transaktionen. Aufgrund der begrenzten Speicherkapazität von Blöcken konkurrieren die Nutzer darum, welche Transaktionen zuerst in einen Block aufgenommen werden. Da die Miner in erster Linie daran interessiert sind, bezahlt zu werden, bearbeiten sie zuerst Transaktionen, für die höhere Gebühren gezahlt wurden.

Solange nicht viele Nutzer gleichzeitig versuchen, Mittel zu senden, ist dies kein Problem. Selbst wenn du eine niedrige Gebühr festlegst, wird die Transaktion wahrscheinlich in den nächsten Block aufgenommen. Wenn jedoch zu viele Nutzer gleichzeitig Transaktionen ausführen, kann die durchschnittliche Gebühr erheblich ansteigen. So hat sie schon verschiedene Male 10 USD überschritten. Auf dem Höhepunkt des Bullenmarktes von 2017 sprang sie sogar auf über 50 USD, was im April 2021 noch übertroffen wurde, als die durchschnittliche Bitcoin-Transaktionsgebühr 60 Dollar überstieg.

Bei Transaktionen im Wert von mehreren Tausend USD mag dies unbedeutend erscheinen, aber kleinere Zahlungen lohnen sich dann nicht. Wer will für einen Kaffee, der 3 USD kostet, eine Gebühr von 10 USD zahlen?

Im Lightning Network fallen nur zwei Gebühren an – eine für das Öffnen und eine für das Schließen eines Channels. Solange der Channel geöffnet ist, können du und deine Gegenpartei Tausende von Transaktionen kostenlos durchführen. Wenn ihr fertig seid, müsst ihr einfach nur noch die Endguthaben auf der Blockchain veröffentlichen.

Je mehr Anwender auf Off-Chain-Lösungen wie das Lightning Network zurückgreifen, desto effizienter wird der verfügbare Block-Speicherplatz genutzt. Niedrigwertige, hochfrequente Transfers können in Zahlungskanälen durchgeführt werden, während der Block-Space für größere Transaktionen sowie das Öffnen und Schließen von Channels verwendet wird. Dies würde das System einem wesentlich breiteren Nutzerkreis zugänglich machen und es langfristig skalierbar machen.

Mikrozahlungen

Bei Bitcoin gibt es einen Mindestbetrag, den du pro Transaktion senden musst, nämlich etwa 0,00000546 BTC. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels entspricht das etwa 0,38 USD. Dies ist nicht viel, aber das Lightning Network ermöglicht es dir sogar, die kleinste derzeit verfügbare Bitcoin-Einheit zu übertragen, nämlich einen Satoshi, der 0,00000001 BTC Wert ist.

Das Lightning Network ist für Mikrozahlungen sehr viel attraktiver. Innerhalb eines Channels kann man einen Bruchteil eines Bitcoins kostenlos senden. Im Gegensatz dazu sind Übertragungen von kleinen Bitcoin-Mengen über die Hauptkette aufgrund der vergleichsweisen hohen Gebühren wenig interessant.

Mikrozahlungen eignen sich für eine Vielzahl von Anwendungen. Einige glauben, dass sie abonnementbasierte Modelle überflüssig machen könnten, da den Nutzern nun jedes Mal, wenn sie einen Dienst in Anspruch nehmen, ein geringer Betrag in Rechnung gestellt werden kann.

Datenschutz

Ein weiterer Vorteil des Lightning Network ist die hohe Vertraulichkeit. Die Parteien müssen ihre Channels nicht im gesamten Netzwerk offenlegen. Man kann zwar auf der Blockchain sehen, dass ein Channel geöffnet wurde, aber die Transaktionen, die über diesen Channel stattfinden, müssen nicht sichtbar sein. Wenn sich die Teilnehmer dafür entscheiden, ihren Channel privat zu halten, wissen nur sie, welche Transaktionen getätigt wurden.

Wenn Alice einen Channel mit Bob und Bob einen Channel mit Carol hat, können sich Alice und Carol über Bob gegenseitig Mittel senden. Und wenn Dan mit Carol verbunden ist, kann Alice Zahlungen an ihn vornehmen. Du kannst dir vorstellen, dass dadurch ein umfangreiches Netzwerk miteinander verbundener Zahlungskanäle entstehen kann. Nachdem der Channel geschlossen wurde, ist nicht mehr ersichtlich, an wen Alice Mittel gesendet hat.

Wie funktioniert das Lightning Network?

Wie du bisher gelernt hast, ermöglicht das Lightning Network Transaktionen zwischen Nutzern. Werfen wir nun einen Blick in die technischen Details.

Multisignatur-Adressen

Eine Multisignatur- oder Multisig-Adresse ist eine Adresse, bei der mehrere private Schlüssel zur Durchführung von Transaktionen verwendet werden können bzw. müssen. Bei der Erstellung legst du fest, wie viele private Schlüssel Mittel ausgeben können und wie viele dieser Schlüssel zum Signieren einer Transaktion erforderlich sind. Bei einem 1-von-5-System können beispielsweise fünf Schlüssel eine gültige Signatur erzeugen, wobei nur einer benötigt wird, um eine Transaktion zu signieren. Bei einem 2-von-3-System werden von drei Schlüsseln zwei gebraucht, um Kryptowährungen übertragen.

Bei der Einrichtung eines Lightning-Channels zahlen die Nutzer Mittel in eine 2-von-2-Multisig-Adresse ein. Nur zwei private Schlüssel können Transaktionen signieren und beide werden für die Übertragung von Coins benötigt. Kehren wir an dieser Stelle zu unserem Beispiel mit Alice und Bob zurück. Da sie in den kommenden Monaten viele Zahlungen untereinander tätigen werden, beschließen sie, einen Lightning-Channel zu öffnen.

Zunächst zahlen beide 3 BTC in die gemeinsame Multisig-Adresse ein. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass Bob ohne die Zustimmung von Alice keine Mittel von der Adresse abheben kann und umgekehrt.

Nach jeder Transaktion können sie nun einfach die neuen Guthaben auf einem Zettel notieren. Beide haben ein Startguthaben von 3 BTC. Wenn Alice eine Zahlung von 1 BTC an Bob leisten möchte, warum nicht einfach festhalten, dass Alice jetzt 2 BTC und Bob 4 BTC besitzt? Sie können auf diese Weise so lange über die Salden Buch führen, bis sie die Mittel wieder auf die Blockchain auszahlen möchten.

Hier stellt sich aber die Frage: Ist es bei diesem System nicht wahrscheinlich, dass ein Nutzer in gewissen Situationen nicht kooperiert? Hat Alice am Ende 6 BTC und Bob keine, verliert Bob nichts (außer vielleicht seine Freundschaft mit Alice), wenn er seine Signatur für die Auszahlung der Mittel verweigert.

Hash Timelock Contracts (HTLCs)

Das obige System bietet keine nennenswerten Vorteile gegenüber früheren vertrauensbasierten Setups („Trusted Setups“). Interessant wird es jedoch, wenn wir einen Mechanismus einführen, der den „Vertrag“ zwischen Alice und Bob durchsetzt. Hält sich eine Partei nicht an die Regeln, hat die andere dennoch die Möglichkeit, ihre Mittel aus dem Channel abzuziehen.

Dieser Mechanismus ist als Hash Timelock Contract (HTLC) bekannt. Der Begriff mag abschrecken, aber es handelt sich eigentlich um ein ganz einfaches Konzept. Zwei Technologien (Hashlocks und Zeitsperren) werden kombiniert, um unkooperatives Verhalten in Zahlungskanälen zu unterbinden.

Ein Hashlock ist eine Bedingung, die verlangt, dass du nur dann Mittel ausgeben kannst, wenn du nachweisen kannst, dass du ein Geheimnis kennst. Der Sender hasht bestimmte Daten und fügt den Hash der Transaktion hinzu. Der Empfänger kann die Mittel nur ausgeben, wenn er die Originaldaten (das Geheimnis) liefert, die dem Hash entsprechen, und das kann er nur, wenn der Sender ihm diese zur Verfügung stellt.

Eine Zeitsperre ist eine Bedingung, die verhindert, dass du deine Mittel vor einem bestimmten Zeitpunkt ausgibst. Sie wird entweder als tatsächliche Zeit oder als eine bestimmte Blockhöhe angegeben.

Bei HTLCs werden Hashlocks und Zeitsperren kombiniert. In der Praxis können HTLCs verwendet werden, um Zahlungen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Der Empfänger muss eine geheime Information vor Ablauf einer bestimmten Zeit bereitstellen, andernfalls kann der Sender die Mittel zurückfordern.

Öffnen und Schließen von Kanälen

Kommen wir zurück auf das Beispiel von Alice und Bob, die gerade Transaktionen zur Übertragung von Mitteln an eine gemeinsame Multisig-Adresse erstellt haben. Diese Transaktionen sind aber noch nicht auf der Blockchain aufgezeichnet worden. Dazu ist ein Zwischenschritt erforderlich.

Drei Coins von Bob und drei Coins von Alice.

Drei Coins von Bob und drei Coins von Alice.

Denk daran, dass diese Coins nur aus dem Channel abgezogen werden können, wenn Alice und Bob gemeinsam eine Transaktion signieren. Möchte Alice alle sechs Coins an eine externe Adresse senden, braucht sie Bobs Zustimmung. Sie erstellt zunächst eine Transaktion („sechs Bitcoins an Adresse X“) und signiert sie.

Sie könnte versuchen, die Transaktion sofort zu übermitteln, aber ohne Bobs Genehmigung wäre sie ungültig. Alice muss ihm die unvollständige Transaktion zuerst vorlegen. Erst mit seiner Signatur wird sie gültig.

Bis jetzt gibt es aber noch keine Garantie dafür, dass alle Akteure ehrlich bleiben. Wie gesagt, sind deine Mittel blockiert, wenn die andere Partei sich weigert zu kooperieren. Kommen wir nun zu dem Mechanismus, der unkooperatives Verhalten verhindern soll. In diesem Zusammenhang müssen wir auf verschiedene Aspekte eingehen, also habe bitte etwas Geduld.

Jede Partei muss sich eine geheime Information ausdenken – nennen wir diese einfach Geheimnisse As und Bs. Sie wären keine Geheimnisse mehr, wenn Alice und Bob sie preisgeben würden, also behalten sie sie vorerst für sich. Die beiden generieren die Hashes der jeweiligen Geheimnisse – h(As) und h(Bs). Anstatt ihre Geheimnisse zu teilen, tauschen sie die Hashes untereinander aus.

Alice und Bob teilen die Hashes ihrer Geheimnisse miteinander.

Alice und Bob teilen die Hashes ihrer Geheimnisse miteinander.

Bevor sie ihre ersten Transaktionen an die Multisig-Adresse senden können, müssen Alice und Bob zunächst eine sogenannte Commitment-Transaktion ausführen. Sie dient als Nachweis für den Fall, dass die andere Partei beschließt, die Mittel im Channel zu blockieren.

Wenn du dir einen Channel als Mini-Ledger vorstellst, dann sind die Commitment-Transaktionen die Einträge bzw. Buchungen im Ledger. Mit jeder Commitment-Transaktion werden die Channel-Guthaben der beiden Nutzer aktualisiert.

Alices Commitment-Transaktion meldet zwei Salden: 3 BTC in Alices Adresse und 3 BTC in einer neuen Multisig-Adresse. Alice signiert die Transaktion und leitet sie an Bob weiter.

Alices Transaktion mit zwei Salden – 3 BTC in Alices Adresse und 3 BTC in einer neuen Multisig-Adresse. Sie benötigt immer noch Bobs Signatur, damit die Transaktion gültig wird.

Alices Transaktion mit zwei Salden – 3 BTC in Alices Adresse und 3 BTC in einer neuen Multisig-Adresse. Sie benötigt immer noch Bobs Signatur, damit die Transaktion gültig wird.

Bob erstellt ebenfalls eine Transaktion mit zwei Salden – 3 BTC in seiner Adresse und 3 BTC in einer Multisig-Adresse. Er signiert die Transaktion und übermittelt sie an Alice.

Zwei unvollständige Transaktionen, die fast identisch sind.

Zwei unvollständige Transaktionen, die fast identisch sind.

Normalerweise könnte Alice der Transaktion von Bob eine Signatur hinzufügen, damit sie gültig wird. Allerdings haben wir auf die 2-von-2-Multisig-Adresse, von der die Mittel gesendet werden, noch gar nichts eingezahlt. Das ist so ähnlich, als ob man versuchen würde, mit einer Debitkarte zu zahlen, deren Konto leer ist. Die teilweise signierten Transaktionen können erst verwendet werden, nachdem die Multisig-Adressen vollständig eingerichtet wurden. 

Die neuen Multisig-Adressen (an die die 3-BTC-Zahlungen gehen sollen) weisen einige besondere Eigenschaften auf. Schauen wir uns die unvollständige Transaktion an, die Alice signiert und an Bob weitergeleitet hat. Die Guthaben in der Multisig-Adresse können unter folgenden Voraussetzungen ausgegeben werden:

  1. Beide Parteien signieren die Transaktion.

  2. Bob kann die Mittel nach einer bestimmten Zeit (nach der Zeitsperre) alleine, d. h. ohne die Zustimmung von Alice, ausgeben.

  3. Alice kann die Mittel ausgeben, wenn sie Bobs Geheimnis Bs kennt.

Die Multisig-Guthaben aus der Transaktion, die Bob an Alice weitergeleitet hat, können unter folgenden Voraussetzungen ausgegeben werden:

  1. Beide Parteien signieren die Transaktion.

  2. Alice kann die Mittel nach einer bestimmten Zeit (nach der Zeitsperre) alleine ausgeben.

  3. Bob kann die Mittel ausgeben, wenn er Alices Geheimnis As kennt.

Bedenke, dass zu diesem Zeitpunkt keine Partei das Geheimnis der anderen kennt, sodass Bedingung 3 noch nicht erfüllt werden kann. Du solltest zudem beachten, dass deine Gegenpartei die Mittel sofort ausgeben kann, wenn du eine Transaktion signierst, da keine weiteren Bedingungen festgelegt wurden. Du hingegen musst entweder warten, bis die Zeitsperre abgelaufen ist. Erst dann kannst du die Mittel ohne Genehmigung des anderen Nutzers ausgeben. Oder du kooperierst – dann kannst du sofort auf die Mittel zugreifen.

Jetzt kannst du also Transaktionen an die 2-von-2-Multisig-Adresse senden und dir sicher sein, dass du deine Mittel auch dann zurückerhältst, wenn die andere Partei den Channel verlässt.

Sobald die Transaktionen bestätigt wurden, ist der Channel aktiviert und nutzbar. Das erste Transaktionspaar zeigt uns die aktuellen Salden des Mini-Ledgers. Derzeit haben Bob und Alice je 3 BTC.

Wenn Alice eine neue Zahlung an Bob leisten möchte, erstellen die beiden zwei neue Transaktionen, die das erste Transaktionspaar ersetzen. Sie gehen wieder auf die gleiche Weise vor, nur dass sie ein neues Geheimnis verwenden und neue Hashes für diese nächste Transaktionsrunde erzeugen.

Wenn Alice 1 BTC an Bob zahlen möchte, schreiben die zwei neuen Transaktionen Alice 2 BTC und Bob 4 BTC gut. Die Channel-Guthaben werden entsprechend aktualisiert.

 Wenn Alice 1 BTC an Bob zahlen möchte, schreiben die neuen Transaktionen Alice 2 BTC und Bob 4 BTC gut. Die Channel-Guthaben werden entsprechend aktualisiert.

Jede Partei kann jederzeit eine der neuesten Transaktionen signieren und an die Blockchain senden, damit die aktuellen Salden dort erfasst werden. Allerdings kann die Partei, die dies tut, erst nach Ablauf der Zeitsperre über die Mittel verfügen. Die andere Partei kann sie hingegen sofort verwenden. Wenn Bob die Transaktion von Alice signiert und auf der Blockchain veröffentlicht, kann Alice die Kryptos sofort ausgeben.

Der einfachste und schnellste Weg, die Mittel wieder auf die Blockchain (on-chain) zu bringen, ist, wenn beide Parteien den Kanal gemeinsam schließen (kooperatives Schließen). Gelingt dies nicht, da eine Partei nicht reagiert oder nicht kooperieren will, kann die andere Partei ihre Mittel wie gesagt zurückerhalten, indem sie das Ende der Zeitsperre abwartet.

Wie verhindert das Lightning Network Betrug?

Vielleicht hast du hier einen möglichen Angriffspunkt erkannt. Angenommen, Bobs Guthaben beträgt derzeit 1 BTC, was hält ihn dann davon ab, eine ältere Transaktion an die Blockchain zu senden, die noch einen höheren Saldo anzeigt? Da er ja bereits die halb signierte Transaktion von Alice erhalten hat, müsste er doch nur noch seine Signatur hinzufügen und sie übermitteln, richtig?

Nichts hindert Bob daran, dies zu tun. Aber: Er riskiert, sein gesamtes Guthaben zu verlieren. Nehmen wir an, er übermittelt eine alte Transaktion an die Blockchain, die einen Saldo von 1 Coin für Alice und einen Saldo von 5 Coins in der Multisig-Adresse meldet.

Alice erhält ihren Coin sofort. Bob hingegen muss warten, bis der Zeitstempel abläuft, um Zahlungen von der Multisig-Adresse aus tätigen zu können. Erinnerst du dich an die andere Bedingung, die es Alice ermöglicht, die Mittel sofort auszugeben? Dafür muss sie jedoch Bobs Geheimnis kennen, was sie damals noch nicht tat – jetzt aber schon. Mit dem Beginn der zweiten Transaktionsrunde hat Bob sein Geheimnis an Alice verraten.

Während Bob herumsitzt und nichts tun kann, bis die Zeitsperre abläuft, hat Alice die Möglichkeit, die Mittel auszuzahlen. Dieser Strafmechanismus sorgt dafür, dass die Akteure gar nicht erst versuchen, zu betrügen, da ansonsten die andere Partei ihre Coins erhält.

Weiterleitung von Zahlungen

Wie bereits erwähnt können verschiedene Channels miteinander verbunden werden. Andernfalls wäre das Lightning Network für Zahlungen nicht besonders geeignet. Oder würdest du wirklich 500 USD im Channel eines Cafés sperren, nur damit du für die nächsten paar Monate deine tägliche Dosis Koffein bekommst?

Das ist nicht nötig. Wenn Alice einen Channel mit Bob einrichtet und Bob bereits einen Channel mit Carol hat, kann Bob Zahlungen zwischen den beiden weiterleiten. Das Lightning Network ermöglicht Zahlungen über mehrere Zwischenstationen, sogenannte „Hops“. Dies bedeutet, dass Alice jeden bezahlen kann, der mit einem anderen Knoten im Netzwerk verbunden ist.

In diesem Beispiel gibt es mehrere Wege, auf denen die Mittel von Alice zu Frank gelangen können. In der Praxis wird dies immer über den schnellsten Weg geschehen.

In diesem Beispiel gibt es mehrere Wege, auf denen die Mittel von Alice zu Frank gelangen können. In der Praxis wird dies immer über den schnellsten Weg geschehen.

Die Knoten können für das Weiterleiten eine geringe Gebühr verlangen (ob sie dies tun, bleibt ihnen überlassen). Das Lightning Network ist noch relativ neu, weshalb sich ein sogenannter Gebührenmarkt erst noch entwickeln muss. Viele erwarten, dass sich die Gebühren nach der bereitgestellten Liquidität richten werden.

Auf der Basis-Blockchain hängt die Gebühr nur von dem Speicherplatz ab, den deine Transaktion in einem Block beansprucht. Der übertragene Betrag ist unerheblich – Zahlungen von 1 USD und 10.000.000 USD kosten gleich viel. Im Gegensatz dazu gibt es im Lightning Network keinen Blockplatz. 

Stattdessen gibt es sogenannte lokale Guthaben und Remote-Guthaben. Das lokale Guthaben ist der Betrag, den du an die andere Partei des Channels senden kannst, während das Remote-Guthaben der Betrag ist, den die andere Partei an dich senden kann.

Beispiel: Schauen wir uns einen der oben genannten Zahlungswege zwischen Alice, Carol und Frank genauer an.

Guthaben der Nutzer vor und nach einer Übertragung von 0,3 BTC von Alice an Frank.

Guthaben der Nutzer vor und nach einer Übertragung von 0,3 BTC von Alice an Frank.

Der Channel von Alice und Carol und der von Carol und Frank enthalten jeweils insgesamt 1 BTC. Das lokale Guthaben von Alice beträgt 0,7 BTC. Wenn die Guthaben zu diesem Zeitpunkt der Blockchain gemeldet würden, hätte Alice 0,7 BTC (lokales Guthaben) und Carol 0,3 BTC (Remote-Guthaben).

Wenn Alice 0,3 BTC an Frank senden will, überträgt sie 0,3 BTC auf Carols Seite des Channels. Dann sendet Carol von ihrem lokalen Guthaben im anderen Channel 0,3 BTC an Frank. Folglich bleibt Carols Guthaben gleich: die +0,3 BTC von Alice und -0,3 BTC an Frank heben sich gegenseitig auf.

Carol verliert durch das Weiterleiten der Mittel zwar kein Guthaben, aber sie verliert an Flexibilität. Wie du siehst, kann sie jetzt über den entsprechenden Channel 0,6 BTC an Alice senden, aber nur 0,1 BTC an Frank.

Stell dir ein Szenario vor, in dem Alice nur über einen Channel (den mit Carol) verfügt, während Frank mit einem ganzen Netzwerk von Knoten verbunden ist. Carol konnte bisher 0,4 BTC über Frank an andere senden, jetzt aber nur noch 0,1 BTC.

In diesem Beispiel verringern die Transaktionen von Alice die Liquidität von Carol. Ohne einen Anreiz wird Carol ihre eigene Liquiditätsposition aber nicht schwächen wollen. Sie könnte daher eine Gebühr von beispielsweise 10 Satoshis für die Weiterleitung von 0,01 BTC verlangen. Je mehr lokales Guthaben sie weiterleitet, desto mehr verdient sie.

Wie bereits erwähnt, ist es den Knoten freigestellt, ob sie eine Gebühr für das Weiterleiten erheben oder nicht. Einige stört eine Verringerung ihrer Liquidität vielleicht nicht. Die Sender haben ihrerseits auch die Möglichkeit, einen Channel mit dem Empfänger zu öffnen, wenn sie ihre Mittel nicht über andere Knoten schicken wollen.

Limitationen des Lightning Network

Es wäre fantastisch, wenn sich das Lightning Network als die Lösung für alle Skalierbarkeitsprobleme von Bitcoin erweisen würde. Leider hat es aber auch gewisse Schwächen. 

Nutzerfreundlichkeit

Bitcoin ist für Anfänger nicht besonders intuitiv. Die ganzen Adressen, Gebühren usw. können verwirrend sein. Nach der Einrichtung eines Lightning-Clients müssen die Nutzer zuerst einmal Channels öffnen, bevor sie Zahlungen vornehmen können. Dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Darüber hinaus können Neulinge mit Begriffen wie Inbound- und Outbound-Kapazität schnell überfordert sein.

Das Netzwerk nimmt jedoch ständig Verbesserungen vor, um die Einstiegshürden zu senken und die Nutzererfahrung zu steigern.

Liquidität

Einer der größten Kritikpunkte am Lightning Network ist, dass die Möglichkeiten der Nutzer zur Durchführung von Transaktionen eingeschränkt sein können. Zum einen kannst du nicht mehr Kryptos ausgeben, als du in einen Channel eingezahlt hast. Wenn du dein gesamtes lokales Guthaben ausgegeben hast, sodass die gesamten Mittel als Remote-Guthaben auf der anderen Seite des Channels liegen, musst du den Kanal schließen. Alternativ kannst du warten, bis du über diesen Channel eine Zahlung erhältst, aber das ist auch nicht ideal.

Zum anderen können die Zahlungswege aufgrund der limitierten Gesamtkapazität einzelner Channels eingeschränkt sein. Kommen wir noch einmal auf das Beispiel von Alice, Carol und Frank zurück. Wenn die Kapazität des Channels von Alice und Carol 5 BTC beträgt, die des Channels von Carol und Frank aber nur 1 BTC, kann Alice nie mehr als 1 BTC senden. Selbst dann müsste sich das gesamte Guthaben auf Carols Seite im Channel von Carol und Frank befinden, damit die Transaktion erfolgreich ist. Dies kann die Menge an Mitteln, die im Netzwerk übertragen werden können, stark limitieren, was sich negativ auf die Nutzerfreundlichkeit auswirkt.

Zentralisierte Hubs

Aufgrund der im vorigen Abschnitt erwähnten Einschränkungen besteht die Gefahr, dass sich im Netzwerk massive „Hubs“ bilden, d. h. große, stark vernetzte Knoten mit viel Liquidität, über die alle größeren Zahlungen geleitet werden müssen.

Dies ist natürlich nicht wünschenswert und würde das System schwächen. Wenn einer dieser Hubs offline geht, wird die Vernetzung der anderen Knoten erheblich beeinträchtigt. Es besteht auch ein erhöhtes Risiko der Zensur, da es nur wenige Punkte gibt, über die Transaktionen abgewickelt werden können.

Der aktuelle Zustand des Lightning Network

Im März 2024 sieht das Lightning Network robust aus. Es verfügt über mehr als 13.000 Online-Knoten, mehr als 52.000 aktive Kanäle und eine Kapazität von knapp über 4.570 BTC.

Weltweite Verteilung von Lightning Network-Knoten. Quelle: explorer.acinq.co

Weltweite Verteilung der Lightning Network-Knoten.

Es gibt eine Reihe verschiedener Implementierungen von Lightning Network-Knoten. c-lightning von Blockstream, Lightning Network Daemon von Lightning Labs und Eclair von ACINQ sind einige Beispiele. Für technisch weniger versierte Nutzer bieten viele Unternehmen Plug-and-Play-Lösungen zum Betrieb eines Knotens an. Du brauchst nur das Gerät einzuschalten, und schon kannst du dich am Lightning Network beteiligen.

Fazit

Seit dem Start des Mainnet im Jahr 2018 hat das Lightning Network ein erhebliches Wachstum verzeichnet. In Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit gibt es noch gewisse Herausforderungen. Zum Beispiel erfordert der Betrieb eines Lightning-Knotens immer noch ein gewisses Maß an technischem Wissen. Angesichts der enormen Entwicklung ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Einstiegshürden mit der Zeit sinken.

Weiterführende Lektüre

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