Was ist der Netzwerkeffekt?
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Was ist der Netzwerkeffekt?

Was ist der Netzwerkeffekt?

Anfänger
Veröffentlicht Jan 4, 2021Aktualisiert Dec 27, 2022
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TL;DR

Von einem Netzwerkeffekt spricht man, wenn ein Produkt durch steigende Anzahl an Nutzern an Wert gewinnt. Erinnern Sie sich an Orkut? Es wurde eingestellt, da es von kaum jemandem genutzt wurde. Und warum wurde es von kaum jemandem genutzt? Aus eben demselben Grund: Kaum jemand nutzte es. Sicherlich spielten auch andere Faktoren eine Rolle, doch da es so wenige Nutzer hatte, besaß es als Dienst nur einen geringen Wert und Nutzen.

Netzwerkeffekte spielen eine sehr große Rolle, wenn es um Kryptowährungen geht. Geld und Blockchains dienen letztlich den Menschen. Somit gilt: je mehr Menschen ein Netzwerk verwenden, desto größer ist sein Nutzen als Dienstleistung für seine Nutzer.


Einführung

Welche Faktoren sind maßgebend, welche Kryptowährungsprojekte zum Marktführer in einem bestimmten Sektor werden? Wir könnten nun annehmen, dass der Markt im Allgemeinen auf lange Sicht zu den besten Lösungen neigen sollte. Allerdings ist es nicht so einfach. Hier sind zahlreiche Faktoren im Spiel.

Entwickler können eine innovative Technologie anbieten, doch wenn sie zum Zeitpunkt der Bereitstellung keine gute Marktanpassung hat, wird sie sich möglicherweise nicht durchsetzen.

In einigen Fällen erobern technologisch unterlegene Projekte den größten Marktanteil, aus dem einfachen Grund, dass sie zum richtigen Zeitpunkt verfügbar waren. Hier kommen die Netzwerkeffekte zum Tragen.


Was ist ein Netzwerkeffekt?

Ein Netzwerkeffekt ist ein wirtschaftlicher Effekt, der ein Produkt oder eine Dienstleistung beschreibt, bei denen zusätzliche Benutzer einen Mehrwert für das gesamte Netzwerk erzeugen. Wenn ein Netzwerkeffekt vorhanden ist, fügt jeder neue Benutzer durch seinen Beitritt zum Netzwerk diesem einen Wert hinzu. Dies wiederum stellt einen Anreiz für neue Benutzer dar, dem Netzwerk beizutreten, wodurch ein weiterer Mehrwert entsteht, und so fort.

Das Paradebeispiel für einen Netzwerkeffekt ist das Telefon. In den Anfängen der Technologie besaßen nur sehr wenige Menschen Telefone in ihren Häusern. Zudem mussten diese Häuser physisch miteinander verbunden werden, um das Netz nutzen zu können.

Als die Technologie heranreifte, konnten sich zunehmend mehr Menschen ein Telefon leisten, was wiederum den Wert des gesamten Telefonnetzes erhöhte. Mit der wachsenden Anzahl von Benutzern stiegen der Wert und der Nutzen des gesamten Netzes. So entstand eine positive Wechselbeziehung: Je mehr Menschen sich anschlossen, desto mehr Wert wurde dem gesamten Netzwerk hinzugefügt. Die auf diese Weise erhöhte Nutzung führte zu rasantem, exponentiellem Wachstum.


Arten von Netzwerkeffekten

Netzwerkeffekte lassen sich in zwei Haupttypen unterteilen – direkte und indirekte Netzwerkeffekte.

Unser Telefonbeispiel von eben zählt zu den direkten Netzwerkeffekten. Die vermehrte Nutzung schuf einen Mehrwert für alle anderen Nutzer.

Indirekte Netzwerkeffekte sind schwieriger zu definieren. Der Begriff bezieht sich auf zusätzliche, ergänzende Vorteile, welche sich aus der Existenz eines Netzwerkeffekts ergeben. Zum Beispiel sind viele Kryptowährungen Open Source

Ein Projekt mit einem starken Netzwerkeffekt kann viele qualifizierte Entwickler anziehen, um den Code zu prüfen, da viel Wert auf dem Spiel steht (einschließlich des von ihnen selbst investierten). Dieser Mehrwert kommt daher, dass es überhaupt so viel Wert im Netzwerk gibt. Nach einer gewissen Zeit beginnt sich dieser Effekt zu verstärken, und macht die Kryptowährung zu einem dominanten Marktführer, welcher einen signifikanten Netzwerkeffekt gegenüber seinen Konkurrenten aufbaut.


Beispiele für Netzwerkeffekte

Heutige Beispiele für Netzwerkeffekte finden sich in einer Reihe von verschiedenen Produktkategorien. Ein offensichtliches Beispiel sind die sozialen Medien, bei welchen Benutzer dazu neigen, jenen Diensten beizutreten, welche ihre bereits vorhandenen sozialen Kontakte nutzen. Dies schafft Anreize, denselben Plattformen beizutreten, was wiederum einigen wenigen Diensten zu einer Monopolstellung verhilft.

Wenn neue Unternehmen ein neues soziales Netzwerk starten wollen, zählt das Erreichen einer kritischen Masse an Nutzern zu einer der schwersten Aufgaben. Der Grund dafür ist der Netzwerkeffekt, welchen die Marktführer bereits aufgebaut haben und welcher ihnen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Ein weiteres gutes Beispiel für Netzwerkeffekte sind die Ridesharing-Dienste. Die Netzwerkeffekte, welche Uber oder Lyft im Laufe der Jahre aufgebaut haben, sind für neuere Dienste mit einer kleineren Nutzerbasis nur sehr schwer zu erreichen.

Das Gleiche gilt für Ebay und Amazon beim Online-Handel, Google bei der Internetsuche, AirBNB bei der Online-Vermietung, Microsoft bei den Betriebssystemen für Unternehmen und Apple mit seinem iPhone. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur gewinnorientierte Unternehmen mit klar definierten Geschäftsmodellen einen Netzwerkeffekt erzielen können. Wikipedia ist ein gutes Beispiel für ein Open Source-Projekt, welches aus dem gewinnorientierten Schema herausfällt und dennoch einen signifikanten Netzwerkeffekt erzielen konnte.


Netzwerkeffekte und Kryptowährungen

Netzwerkeffekte sind ein wichtiger Aspekt, wenn es um Kryptowährungen und die Blockchain geht.

Nehmen wir zum Beispiel Bitcoin in Augenschein. Bitcoin hat einige sehr wünschenswerte Eigenschaften und besitzt zudem einen starken Netzwerkeffekt. 

Miner unterstützen die Sicherheit des Netzwerks und besitzen eine große Liquidität, um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Aber sagen wir nun, ein anderes Netzwerk würde gestartet, welches einen ähnlichen Anwendungsfall wie Bitcoin bedienen will. Miner könnten höhere Belohnungen erhalten, doch sie hätten nicht die gleiche Liquidität, wenn sie ihre gegenwärtige Position verlassen. Sie könnten nun ein Risiko eingehen und hoffen, dass sich die Liquidität in der Zukunft verbessert, oder sie könnten einfach weiter Bitcoins mit der relativen Gewissheit minen, dass sie im Rennen bleiben werden. So funktioniert ein Netzwerkeffekt. Selbst wenn die Alternative technologisch überlegen wäre oder mehr Gewinne verspräche, würde es nicht zwingend Sinn ergeben, zu wechseln.

Dies ist jedoch nicht nur eine Folge der Netzwerkeffekte von Bitcoin. Dank seines fairen Markteinstiegs hat Bitcoin inhärent einzigartige Eigenschaften, die von vornherein extrem schwer zu replizieren wären. Betrachten Sie dieses Beispiel also eher als ein Gedankenexperiment.

Netzwerkeffekte sind ein wichtiger Aspekt, welcher auch im Bereich von Decentralized Finance (DeFi) zu berücksichtigen ist. Wenn ein Produkt, eine Dienstleistung oder sogar ein Smart Contract einen massiven Vorteil erzeugt, kann dies für andere Projekte schwer zu überwinden sein. DeFi befindet sich jedoch in einem sehr frühen Stadium. Viele würden argumentieren, dass noch kein Produkt einen Netzwerkeffekt erreicht hat, der es zu einem entscheidenden Gewinner macht.



Negative Netzwerkeffekte

Negative Netzwerkeffekte wirken in die entgegengesetzte Richtung. Dies bedeutet, dass jeder neue Benutzer dem Netzwerk Wert entzieht, anstatt es zu bereichern. Gerade beim Design von Blockchains sollte diese Möglichkeit bedacht werden. Ein gutes Design sollte vorschreiben, dass jeder neue Benutzer dem Netzwerk Wert hinzufügt, denn dies hilft dem Netzwerk die nötige Skalierung zu erreichen. Wenn jedoch jeder Benutzer Wert entzieht, führt das zu einer Überlastung des betroffenen Netzwerks.
Zum Beispiel nutzt Ethereum das sogenannte Gas als ein auktionsähnliches System, in welchem jeder Benutzer im Wesentlichen auf Gasgebühren bietet, welche den Ethereum-Minern für ihre Dienste ausgezahlt werden. Wenn mehr Benutzer hinzukommen und die Nutzung steigt, werden die Gasgebühren tendenziell höher. Der Grund dafür ist, dass jeder Benutzer im Wesentlichen versucht, die anderen Nutzer zu überbieten. Dies kann jedoch nicht ewig weitergehen. Wenn die Gasgebühren zu hoch werden, stellen einige Benutzer die Nutzung des Netzwerks gänzlich ein, da sich ihre Aktivität bei solch hohen Kosten nicht lohnt. Hier haben wir ein Paradebeispiel für einen negativen Netzwerkeffekt.
Dennoch existieren bereits Abhilfemaßnahmen für dieses Problem. EIP-1559 ist ein Ethereum-Vorschlag, welcher eine Überarbeitung des Ethereum-Gas-Systems vorsieht. Darüber hinaus könnte eine Reihe von Upgrades in ETH 2.0 den möglichen Durchsatz, welchen das Ethereum-Netzwerk verarbeiten kann, stark erhöhen. Dies könnte helfen, das Problem der hohen Gasgebühren in Zeiten erhöhter Aktivität zu beheben.


Fazit

Netzwerkeffekte gibt es in vielen verschiedenen Segmenten der Wirtschaft – so auch bei Kryptowährungen. Die Idee ist, dass neue Benutzer durch ihren Beitritt dem Netzwerk Wert hinzufügen.

Die Architekten von Blockchain- und Kryptowährungsnetzwerken können von der Untersuchung der durch Netzwerkeffekte erzeugten Mechanismen sehr profitieren. Wenn sie diese in ihren Designprozess einbeziehen, erhalten neue Coin- und Token-Projekte die Möglichkeit, schneller zu skalieren.

Haben Sie noch Fragen zu Netzwerkeffekten und Crypto? Sehen Sie sich unsere Q&A Plattform,Ask Academy an, wo die Binance-Community Ihre Fragen beantworten wird.